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Kollaboration Gastbeitrag Titel

Kollaborationsstrategien für die Nachhaltigkeit gestalten

Themenfeld «​öbu-Themenschwerpunkt: Der Mensch als Katalysator»
- Die nachhaltige Entwicklung stellt eine Herausforderung dar, der wir nicht im Alleingang begegnen müssen. Zusammenarbeit zwischen Organisationen kann dabei der entscheidende Erfolgsfaktor sein - wenn sie richtig eingesetzt wird. Theresa Langenmayr (Uni Zürich) begleitet öbu derzeit im Rahmen eines Forschungsprojektes und erklärt, worauf es bei interorganisationaler Kollaboration ankommt.

Der Weg zu einer erfolgreichen unternehmerischen Nachhaltigkeit kann anspruchsvoll sein. Dennoch ist es unerlässlich, dass Unternehmen sich dieser Herausforderung stellen, um zukunftsfähig zu bleiben und die Risiken der Klimakrise, Ressourcenknappheit und des Biodiversitätsverlusts zu minimieren. Um die Auswirkungen besser zu verstehen und wirksame Aktionspläne zu entwickeln, entscheiden sich Unternehmen zunehmend dafür, mit anderen Organisationen zu kollaborieren. Die interorganisationale Zusammenarbeit ist dabei vielschichtig und kann, abhängig von den verfolgten Zielen, unterschiedlich gestaltet werden.

Transparent, interaktiv oder beides zugleich

Grundsätzlich können interorganisationale Kollaborationen transparent, interaktiv oder beides zugleich sein (siehe Abbildung). Eine Organisation kann transparent gegenüber anderen Organisationen werden, ohne gleichzeitig den Interaktionsgrad zu erhöhen. Beispielsweise gibt es viele Organisationen, die ihre Bemühungen im Bereich Nachhaltigkeit in Artikeln oder auf Social Media Plattformen teilen. So wird Wissen geteilt, ohne in direkten Austausch zu treten. Umgekehrt können Organisationen mit anderen Organisationen interagieren, ohne parallel die Transparenz zu erhöhen. Unternehmen, die beispielsweise im Rahmen von Tagungen und Konferenzen über aktuelle Trends und Herausforderungen diskutieren, müssen dabei nicht die eigenen Strategien offenlegen. In vielen Fällen werden Transparenz und Interaktion aber auch kombiniert. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Organisationen sich zusammenschliessen, um eine gemeinsame Nachhaltigkeitsstrategie auszuarbeiten und ihre Handlungen aufeinander abzustimmen.

Warum entscheiden sich Organisationen für bestimmte Kollaborationsformen?

Je nach Ausprägung der Interaktion und Transparenz, lässt sich interorganisationale Kollaboration laut aktueller Forschung in vier unterschiedliche Formen bzw. Stufen einteilen – von keiner Kollaboration bis hin zu intensiver Kollaboration. Einen intensiveren Grad der Zusammenarbeit kann man dabei nicht per se positiver bewerten, da die Entscheidung für eine bestimmte Kollaborationsform vor dem Hintergrund der jeweiligen Chancen und Risiken beurteilt werden sollte.

Kollaborationsformen
Formen von interorganisationalen Kollaborationen. (Bild: Theresa Langenmayr)

Keine Kollaboration

Organisationen können sich bewusst dagegen entscheiden, ihre Strategie oder Aktivitäten mit anderen Organisationen zu teilen oder sich mit ihnen darüber auszutauschen. Dies ist der Fall, wenn sie es bevorzugen, ein eigenes Verständnis für die Herausforderungen der Nachhaltigkeit zu entwickeln und in ihren Handlungen autonom und unabhängig zu bleiben. Organisationen entschliessen sich oft gegen eine Kollaboration, wenn sie nachhaltige Produkte oder Dienstleistungen entwickeln, durch die sie sich einen Wettbewerbsvorteil sichern möchten. Hierbei besteht allerdings das Risiko, dass sie die komplexen Themen der Nachhaltigkeit nur unvollständig erfassen und darauf basierend Entscheidungen treffen, die den Anforderungen nicht vollständig gerecht werden.

Geringe Kollaboration

Wenn Organisationen sich entschliessen Informationen mit anderen auszutauschen,  aber keine umfassendere Zusammenarbeit anstreben, spricht man von "geringer Kollaboration". Dabei versuchen Akteure ihre eigene, begrenzte Perspektive auf Probleme und potenzielle Lösungswege zu erweitern, ohne dabei ihre Handlungen auf die anderer abzustimmen. Organisationen entschliessen sich dazu, wenn sie in ihrer Handlungsgestaltung autonom bleiben möchten bzw. wenn eine Handlungsabstimmung keinen Mehrwert liefert. Ein Beispiel hierfür wäre, wenn sich Organisationen gegenseitig offenlegen, wie sie mit neuen Regulierungen im Bereich der Nachhaltigkeit oder Anforderungen an ihre Berichterstattung umgehen. Hierbei ist es hilfreich, Beispiele von anderen Organisationen einzusehen, die konkrete Ausgestaltung muss jedoch individuell durch die einzelnen Organisationen erfolgen.

Moderate Kollaboration

Organisationen entschliessen sich zu «moderater Kollaboration», wenn sie mit anderen Organisationen intensiv zusammenarbeiten, aber einen Grossteil ihrer individuellen Aktionen und Entscheidungen dabei vertraulich behandeln. Dies lässt sich oft bei interorganisationalen Workshops beobachten, bei denen sich Organisationen zu bestimmten Methoden oder Themen austauschen, möglicherweise sogar generelle Lösungsmöglichkeiten erarbeiten, ohne dabei jedoch Informationen ihrer individuellen Situationen offenzulegen. In einigen Städten wurden beispielsweise unterschiedliche Interessenvertreter:innen eingeladen, um zukünftige und nachhaltigere Mobilität zu diskutieren. Dabei kann, trotz intensiver Interaktion, die Diskussion auf einem abstrakten Level bleiben, das den Teilnehmer:innen ermöglicht, sensible Informationen unter Verschluss zu wahren.

Intensive Kollaboration

Immer mehr Organisationen entschliessen sich, bestimmte Problemstellungen im Bereich der Nachhaltigkeit durch «intensive Kollaboration» anzugehen. Dabei möchten sie sowohl Informationen austauschen als auch gemeinsame Lösungen interaktiv erarbeiten. Dies lässt sich beobachten, wenn Organisationen zur Adressierung von Problemen ihre Handlungen eng aufeinander abstimmen müssen, und wenn diese Abstimmung die Bereitstellung von Informationen erfordert. Ein Beispiel hierfür ist die Gestaltung einer nachhaltigen Lieferkette eines Produktes. Dafür müssen meist Informationen über Herkunft und Inhaltsstoffe des Produktes offengelegt werden und die Logistik aufeinander abgestimmt werden. 

Vor dem Hintergrund zunehmend komplexer Probleme gewinnen interorganisationale Kollaborationen an Bedeutung. Eine geeignete Form der Zusammenarbeit sollten Organisationen dabei vor dem Hintergrund der verfolgten Absichten bewusst wählen.

Quellen und Informationen

Hardy, C., Phillips, N. and Lawrence, T.B. (2003), Resources, Knowledge and Influence: The Organizational Effects of Interorganizational Collaboration. Journal of Management Studies, 40: 321-347.

Kaufmann, L.J. & Danner-Schröder, A. (2022). Addressing Grand Challenges Through Different Forms of Organizing: A Literature Review, in Gümüsay, A.A., Marti, E., Trittin-Ulbrich, H. & Wickert, C. (Ed.) Organizing for Societal Grand Challenges, Emerald Publishing Limited, Leeds, pp. 163-186. 
 

Splitter, V. & Seidl, D. (2018). Open Strategy – die neue Offenheit. Die Volkswirtschaft, 25. Juni.

Über die Autorin

Theresa Langenmayr arbeitet am Lehrstuhl für Organisation und Management der Universität Zürich und erhebt im Rahmen ihrer Forschung zum Thema «interorganisationale Zusammenarbeit im Bereich Nachhaltigkeit» aktuell Daten bei öbu. Sie schreibt im Laufe des Jahres mehrere Artikel zu diesem Thema.

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Theresa Langenmayr

(Titelbild: Pexels, fauxels)