Element 2

Cop titelbild

öbu-Delegation an der COP28: Zwischen Blockaden, Frustration und Hoffnung

Themenfeld «öbu-Themenschwerpunkt: Klimawandel und Energie»
- öbu entsendet als gemeinnütziger Verein Beobachter:innen aus dem Verbandsnetzwerk an internationale Klimakonferenzen. Auch für die Klimakonferenz COP28 durften wir eine öbu-Delegation stellen. Mit dabei waren Moritz Meyer vom Impact Hub Zürich und Jürgen Schulz von der Klimaplattform der Wirtschaft. Sie berichten von ihren COP-Erlebnissen:

Die diesjährige Klimakonferenz COP stand im Zeichen der Widersprüche: Zwischen Klimaschutz und Dubai, zwischen hoffnungsvollen Ergebnissen und zögerlichen Entscheidungen. Eine Nachricht der COP 28 wirkt jedoch nach: Sie schloss mit einem historischen Ergebnis, indem sich die fast 200 Länder auf einen „Übergang weg von fossilen Energieträgern” einigten. 

Gemeinsam mit anderen Vertreter:innen aus dem öbu-Netzwerk waren Moritz Meyer und Jürgen Schulz an der diesjährigen COP unterwegs. Hier berichten sie, wie sie die Stimmung an der Klimakonferenz wahrgenommen haben und wie sie die historischen Beschlüsse der COP 28 erlebt haben: 

IMG 3412
Moritz Meyer und Jürgen Schulz an der COP28. (Bild: Moritz Meyer)

Lieber Moritz, lieber Jürgen, warum ist es für regionale Organisationen wie den Impact Hub Zürich und die Klimaplattform der Wirtschaft wichtig, an der COP 28 teilzunehmen?

Moritz: 

Der Impact Hub Zürich fördert unternehmerische Lösungen, um die Klimakrise zu adressieren. Mit unseren Programmen wie dem Climathon Zürich und dem Klimaforum Zürich möchten wir unseren Beitrag dazu leisten, dass die Stadt Zürich sein Netto-Null Ziel bis 2040 erreicht.Die Klimakonferenz bietet die Möglichkeit sich mit Personen auszutauschen, die ähnliche Ziele verfolgen und, um voneinander einander zu lernen. Dazu ist es eine Möglichkeit, sich grundsätzlich über die Klimakrise zu informieren und die internationalen Anstrengungen beim Klimaschutz besser zu verstehen.

Jürgen: 

Die Erfahrungen im Rahmen des Klimaprozesses der Vereinten Nationen sind ausserordentlich und langfristig wertvoll. An zweiter Stelle stehen für mich auch die persönlichen Kontakte, die man knüpfen und in den nächsten Monaten pflegen kann.

Und was war darüber hinaus eure persönliche Motivation, an der COP28 dabei zu sein?

Moritz:

Seit der COP27 verfolge ich die Verhandlung im Bereich Mitigation und war motiviert, meine bestehenden Kontakte zu den Verhandler:innen und anderen NGOs zu nutzen, um die Stimme der Zivilgesellschaft stärker in die Verhandlungen einfliessen zu lassen.

Für das effektive Verfolgen der Verhandlungen ist eine Präsenz vor Ort unabdinglich. Auf der einen Seite kann man die Dynamik und Nuancen nur verstehen, wenn man tatsächlich im Verhandlungsraum ist, und auf der anderen Seite ist es hilfreich dieses Bild durch den Austausch auf den Gängen und den Delegationsbüros durch Gespräche mit Ländervertreter:innen zu ergänzen. Durch das Zusammenfügen dieser Puzzleteile kann das weitere Vorgehen am besten geplant und der Einfluss der Beobachter:innen maximiert werden.

Jürgen: 

Ich schätze den Weltklimakonferenz-Prozess langfristig und im Grundsatz als so relevant ein, dass ich persönlich und vor Ort dabei sein wollte.

Wurden eure Erwartungen an die COP28 erfüllt?

Moritz: 

Für mich persönlich war die Erfahrung sehr lehrreich. Durch die gesammelte Erfahrung im letzten Jahr konnte ich die Geschehnisse bei den Verhandlungen viel besser einordnen und versuchen, mich dementsprechend einzubringen. Es war jedoch auch gerade deshalb lehrreich, da Länder wie Saudi-Arabien und China die Verhandlungen beim Mitigation Work Program von Anfang an blockiert haben. Ihr Taktieren live verfolgen zu können und sich mit anderen Delegiert:innen darüber auszutauschen, wie man die Blockadehaltung auflösen kann, war extrem spannend.

Jürgen: 

Meine Erwartungshaltungen wurden klar übertroffen! Vor allem der sogenannte grüne Sektor hat mich beeindruckt. Hier haben Unternehmen aus der ganzen Welt auf einer Messe ihre Klimalösungen gezeigt. Dieser grüne Sektor war (neben dem politisch-diplomatischen blauen Sektor) für mich persönlich sowie für die öbu- und die Klimaplattform-Community sehr wertvoll.

Cop
(Bild: Moritz Meyer)

Wie habt ihr die Stimmung an der COP empfunden?

Moritz:

Die Stimmung vor Ort, zumindest bei jenen, die vor allem den Bereich Mitigation verfolgt haben, war ein spannender Mix aus Frustration und leiser Hoffnung. Frustration, da die Verhandlungen im Mitigation Work Programm knallhart blockiert wurden und kein Fortschritt möglich war. Leise Hoffnung, da es bei der übergreifenden Entscheidung zum Global Stocktake zum ersten Mal ein Ausstieg aus fossilen Energien in den Beschlusstext geschafft hat. Diese historische Einigung, welche gravierende Auswirkungen hat, da sie ein starkes Zeichen an die Finanzmärkte schickt, schafft Hoffnung. 

Jürgen: 

Engagiert! Hochpoltisch! Respektvoll! Neugierig! Kontrovers! Misstrauisch auf eine gute, konstruktive Art.

Welche Eindrücke bleiben euch in Erinnerung?

Moritz: 

Am vierten Tag hat die Zeitung The Guardian Aussagen von Al Jaber, dem Präsidenten der Cop28 und CEO des Ölunternehmens Adnoc, veröffentlicht, in denen er die wissenschaftliche Grundlage für einen Ausstieg aus fossilen Energien infrage stellte.

«There is no science out there, or no scenario out there, that says that the phase-out of fossil fuel is what’s going to achieve 1.5C. .[…] unless you want to take the world back into caves». Die Reaktion darauf glich einem Erdbeben vor Ort, da Wissenschaftler, NGOs und auch viele Länderdelegationen klarstellten, dass die Wissenschaft deutlich sagt, dass es diesen Ausstieg jetzt braucht, um eine Chance zu haben das 1,5 Grad Ziel zu erreichen.

Der Hinweis auf die Steinzeit wurde dazu über Jahrzehnte als Argument von Öl und Gas Giganten genutzt, um ihr Businessmodel zu rechtfertigen, und wurde als Einfluss der Öllobby gewertet.

Jürgen: 

Besonders beeindurckt haben mich alle circa 40 Anlässe im blauen Sektor am Gender Equality Day der COP, der am 4. Dezember 2023 stattfand. Auch Hillary Clinton war vor Ort und hat ein tolles Podium vor 1600 Zugehörenden geleitet

Wie wird die Teilnahme an der COP28 deine Arbeit zukünftig beeinflussen?

Moritz: 

Die Konferenz hat vor allem gezeigt, dass es noch mehr Druck von Seiten der Zivilgesellschaft braucht, um den Ausstieg aus den fossilen Energien Realität werden zu lassen. Für mich persönlich bedeutet dies, noch häufiger über das Klima zu berichten und dabei vor allem auch jene Bereiche aufzuzeigen, die noch nicht gut laufen. Es ist klar, es braucht unternehmerische Lösungen für die Implementierung, aber es muss auch politische Rahmenbedingungen geben, die mehr Klimaschutz fördern - in der Schweiz sowie im Ausland.

Jürgen: 

Ich habe deutlich mehr Zuversicht gewonnen, dass sich die Welt in Richtung Klimaschutz bewegen wird. Dennoch ist dies ein langsamer Prozess und wird viele Schäden nicht abwenden können. Für mich ist sicher, dass ich vor allem die Unternehmen noch klarer davon überzeugen werde, dass sie konkret, rasch und ernsthaft Netto-Null anstreben müssen.

Ein Beitrag in Zusammenarbeit mit

Weitere Informationen