Zirkuläre Geschäftsmodelle meistern: Warum der Umgang mit Komplexität über den Erfolg nachhaltiger Transformation entscheidet
Zirkuläre Geschäftsmodelle gelten als Zukunftsmodell nachhaltiger Wirtschaft. Trotzdem bleibt ihre Umsetzung oft mühsam. Warum ist das so? Der Schlüssel liegt in der Art, wie Unternehmen mit Komplexität umgehen. Genau dieser Frage ist Till Fülscher, Mitgründer und CEO von MESH Circular Business Solutions, in einer Studie mit neun DAX-40-Unternehmen nachgegangen. Die Gespräche zeigen eindrücklich: Nicht fehlende Ideen, sondern strukturelle Dynamiken erschweren den Wandel - und genau hier liegt auch das Potenzial.
Wenn Systeme neue Regeln schreiben
Lineare Geschäftsmodelle sind wie Einbahnstrassen: Rohstoffe werden eingekauft, Produkte gefertigt, genutzt und entsorgt. Erfolg bedeutet, diese Kette möglichst effizient zu gestalten. Zirkuläre Modelle funktionieren anders. Materialien und Informationen fliessen zurück, Verantwortlichkeiten verschieben sich, und aus einer Kette wird ein Netzwerk. Dieses Netzwerk reagiert auf jede Entscheidung mit Rückkopplungen – es ist lebendig, aber schwerer zu steuern.
Vier Herausforderungen, die Organisationen verändern
1. Zirkularität verändert Beziehungen grundlegend.
Lieferanten übernehmen Servicefunktionen, Kunden werden zu Nutzern und Lieferanten, neue Akteure treten auf. Dadurch entstehen Abhängigkeiten, die sich laufend verändern. Unternehmen, die in starren Strukturen denken, verlieren hier schnell die Übersicht. Erfolgreiche Organisationen hingegen entwickeln Mechanismen, um Beziehungen kontinuierlich zu beobachten und anzupassen.
2. Rückläufe machen Planung zur Herausforderung.
Wenn Produkte zurückkommen, ist unklar, wann, in welchem Zustand und in welcher Menge. Diese Unbeständigkeit betrifft nicht nur Lagerhaltung, sondern auch Bilanzierung und Preissetzung. Klassische Planungsinstrumente stossen an Grenzen. Unternehmen, die Szenarien durchspielen und systemisch planen, können besser mit Schwankungen umgehen und zugleich neue Chancen erkennen, etwa durch Sekundärmaterialien oder Serviceerlöse.
3. Jede Entscheidung beeinflusst das gesamte System.
In linearen Strukturen lassen sich Verantwortlichkeiten klar voneinander trennen. In zirkulären Systemen dagegen greifen Entscheidungen ineinander, was oft zu Zielkonflikten führt. Um diese abzustimmen, braucht es eine gemeinsame Sprache, die funktionsübergreifend verstanden wird und qualitative wie quantitative Aspekte miteinander verbindet. Nur so können Entscheidungen kohärent und wirksam getroffen werden.
4. Mehr Daten heisst nicht automatisch mehr Klarheit.
Zirkuläre Geschäftsmodelle benötigen nicht nur mehr, sondern aussagekräftigere Daten. Über mehrere Lebenszyklen müssen Materialflüsse, Rückläufe und Nutzungsmuster verfolgt werden. Erst durch die Verbindung von Datenanalyse und Systemdenken entsteht die nötige Transparenz und damit die Grundlage für bessere Entscheidungen.
Vom Verstehen zum Gestalten
Die Studie zeigt deutlich: Unternehmen, die versuchen, Komplexität zu vermeiden, übersehen oft den eigentlichen Hebel der Transformation. Komplexität ist kein Störfaktor, sondern das Rohmaterial zukunftsfähiger Geschäftsmodelle.