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ESG für KMU aus rechtlicher Sicht – Keine Panik!

Themenfeld «öbu-Themenschwerpunkt: Nachhaltigkeitsmanagement»
- Im Bereich ESG läuft die Gesetzgebungsmaschine auf Hochtouren. Was sind die Pflichten für schweizerische KMU? Martin Eckert, Head ESG Team bei öbu-Mitglied MME, gibt einen verständlichen Überblick zur Rechtslage.

Es tut sich etwas im Bereich ESG und Berichterstattung. Was für grosse Corporates schon zum Standard der nachhaltigen Berichterstattung gehört, wird zunehmend auch für KMU relevant – direkt oder indirekt.

Was ist neu in der ESG-Gesetzgebung?

Vor 2023 wurde das Thema ESG auf zwischenstaatlicher Ebene geregelt – auf Klimakonferenzen, mit den UN Sustainable Development Goals oder durch OECD-Empfehlungen. Auch von der EU wurde das Thema durch den sogenannten «Green Deal» gepuscht und durch unzählige internationale Standards konkretisiert (GRI; UN Global Compact; ISFRS; etc.).

ESG im nationalen Recht angekommen

Heute ist das ESG im Zentrum des schweizerischen Rechts angekommen: im Obligationenrecht und im Strafrecht. Hier wurden Transparenz- und Sorgfaltspflichten eingeführt. Grosse Gesellschaften des öffentlichen Interesses müssen für die Berichtsperiode 2023 erstmals einen sogenannten Bericht über nichtfinanzielle Belange erstatten. Konkret bedeutet das, dass sie müssen über Umweltbelange, insbesondere die CO2-Ziele, über Sozialbelange, über Arbeitnehmerbelange, wie die Achtung der Menschenrechte, sowie die Bekämpfung der Korruption Rechenschaft ablegen. Der Bericht ist vom Verwaltungsrat zu unterzeichnen und von der Generalversammlung zu genehmigen und zu publizieren. Ab 2024 gilt zudem die Verordnung über die Berichterstattung über Klimabelange. Der Bundesrat favorisiert die Berichterstattung nach den Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (sog. TCFD).

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Berichterstattung für KMU über Umwege

Wer die Berichterstattung unterlässt, falsche Angaben macht oder die gesetzlichen Pflichten zur Aufbewahrung und Dokumentation vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, macht sich strafbar. Schon aus Reputationsgründen sind die grossen Unternehmen daher gezwungen, rigorose Prozesse bei der Erhebung der relevanten Daten und in den Lieferketten durchzusetzen. Dies bekommen auch die KMU als Lieferant:innen zu spüren. Auch wenn die KMU nicht verpflichtet sind, einen Bericht über nichtfinanzielle Belange zu erstatten, werden sie ihren grossen Kunden korrekte Daten liefern müssen und Verpflichtungen (Supplier Code of Conduct) eingehen müssen. Damit gewinnt das Thema Berichterstattung in 2023 und spätestens ab 2024 immer mehr Relevanz für das Nachhaltigkeitsmanagement in KMU. KMU, die in ESG-Themen investiert haben und dies auch in einem Standardformat darstellen können, werden bei den grossen Kunden punkten können.

Spezifische Regelungen in der Schweiz

Die Schweiz hat zudem zwei Themen spezifisch geregelt, die auch für KMU direkt relevant sein können: Mineralien und Metalle aus Konfliktgebieten (sog. Konfliktmineralien: Zinn, Tantal, Wolfram und Gold) und Kinderarbeit.

Bei den Konfliktmineralien gibt es Schwellenwerte (Kilogramm bei der Einfuhr- oder Bearbeitung der genannten Rohstoffe). Wer diese Schwellenwerte nicht erreicht, hat keine weiteren Pflichten.

Bei der Kinderarbeit sind KMU sind von der Prüfpflicht befreit. Als KMU gilt, wer zwei der folgenden Grössen (konsolidierte Betrachtung) unterschreitet: Bilanzsumme von 20 Millionen Franken, Umsatzerlös von 40 Millionen Franken, 250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt. Achtung: Die Befreiung für KMU gilt nicht, wenn das Unternehmen Produkte oder Dienstleistungen anbietet, die offensichtlich unter dem Einsatz von Kinderarbeit hergestellt oder erbracht wurden.

Zu prüfen ist auch, ob das Unternehmen im Ausland ESG-Regeln untersteht (z.B. Deutsches Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz; EU-Verordnung 2017/821 betr. Konfliktmineralien).

Fazit: Jedes KMU sollte noch dieses Jahr prüfen (und dokumentieren!), ob es unter die Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten für Konfliktmineralien und Kinderarbeit fällt oder nicht.

Wenn ja (d.h. keine der Ausnahmen kommt zum Tragen), kann dies auch für KMU umfangreiche gesetzliche Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten zu Folge haben. Dazu gehören die Festlegung einer Lieferkettenpolitik, die Einführung eines Systems zur Rückverfolgbarkeit der Lieferkette, ein Meldeverfahren als Frühwarnmechanismus, Risikomanagement und die Pflicht zur Berichterstattung über diese Themen.

Best Practice für nachhaltige KMU

Für KMU, die nachhaltig wirtschaften, gelten schon heute einige Best Practice Regeln rund um die Berichterstattung. Dazu zählen:

  • freiwillige Berichterstattung
  • Selbstverpflichtung zu nachhaltigen Zielen (Grundsatzerklärung; Commitment)
  • Regelung von Zuständigkeiten und Prozessen bezüglich ESG in der Lieferkette (Supply Chain Policy) 
  • Von eigenen Lieferantinnen die Unterzeichnung eines Supplier Code of Conduct verlangen

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Portrait

(Bildquelle: Unsplash; Textquelle: MME)

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