
Kreislaufwirtschaft im Büro: Was Unternehmen von einem Pionier im Office-Printing lernen können
Der Auslöser: Ein Film über Elektroschrott
Der Wendepunkt kam 2016 durch einen Dokumentarfilm über Elektroschrott. Die Bilder von Bergen ausgedienter Geräte, die in Entwicklungsländern verbrannt werden, liessen mich nicht mehr los. Mir wurde klar: Auch unsere Branche trägt dazu bei. Bürogeräte – besonders Drucker – werden oftmals nach 4-5 Jahren ersetzt, obwohl sie technisch doppelt so lange funktionieren würden. Was als Routine erscheint, ist ein ernstes Umweltproblem: Elektroschrott wächst weltweit schneller als jeder andere Abfallstrom, und die Schweiz liegt beim Pro-Kopf-Aufkommen auf Rang drei (Global E-Waste Monitor 2024).
Ich beschloss, etwas dagegen zu tun. Heute machen wir unsere Kund:innen auf dieses Problem aufmerksam und zeigen gleichzeitig, dass es eine praktikable, nachhaltige Alternative gibt.
Die Lösung: Second Life statt Second Best
Unsere Antwort war ein einfaches, aber konsequentes Prinzip: Wiederverwenden und weiterverwenden statt ersetzen. Kern ist ein Servicemodell, das es in dieser Form zuvor nicht gab. Wir übernehmen vorhandeneDrucker unserer Kund:innen, reparieren sie so lange wie möglich und verlängern ihre Lebensdauer um rund 100 %. Wir sind herstellerunabhängig und beraten unsere Kunden neutral. Es geht nicht bei jedem Drucker, aber bei mehr als man denken würde. Die Kundschaft zahlt eine Pauschale, wir übernehmen das technische Risiko.
Auch bei Tonern gehen wir denselben Weg: Der Kunststoffkörper wird zweimal verwendet, bevor er recycelt wird. So entsteht ein echtes „Second Life“ für Geräte und Verbrauchsmaterialien.
Das Konzept beruht auf drei Grundsätzen:
- Verlängern statt ersetzen: Wir übernehmen Verantwortung über den gesamten Lebenszyklus hinaus, inklusive Service, Wartung und Ersatzteilen.
- Wiederverwenden statt recyceln: Geräte und Toner werden gezielt mehrfach genutzt.
- Messen statt behaupten: Wir quantifizieren jede Einsparung - bisher eingespart: 8’416 kg
Elektroschrott, 41’871 L Erdöl und 110’958 kg CO₂.
Zur Berechnung nutzen wir die Gewichtsangaben der Drucker- und Tonerhersteller; die Resultate wurden durch eine wissenschaftliche Arbeit der FHNW bestätigt.
Das Modell reduziert nicht nur Abfall, sondern auch Kosten: Durch die doppelte Lebensdauer sinken die Anschaffungskosten für Neugeräte um bis zu 50 %.
Was andere Unternehmen daraus lernen können

Unsere Erfahrungen zeigen, dass Kreislaufwirtschaft keine Theorie für Nachhaltigkeitsberichte ist, sondern eine Denkweise, die jedes Unternehmen anwenden kann.
Die grösste Herausforderung: Verkaufen, was niemand kennt
Die technische Umsetzung war machbar, doch die grössere Herausforderung war, das Modell zu verkaufen. Kund:innen kannten dieses Konzept nicht und konnten es mit nichts vergleichen. Der Schlüssel war Storytelling. Wir mussten zuerst das Problem sichtbar machen – Elektroschrott ist ein riesiges Umweltproblem, doch vielen war das nicht bewusst. Erst wenn das Problem verstanden wird, entsteht Offenheit für die Lösung.
Unsere Lektion: Ein nachhaltiges Geschäftsmodell verkauft sich nicht durch Zertifikate, sondern durch Sinn, Zahlen und eine gute Geschichte.

