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Focused reporting dt

Schweizweit grösste Auswertung: 123 Nachhaltigkeitsberichte auf dem Prüfstand

- Sind Schweizer Nachhaltigkeitsberichte glaubwürdig? Die Benchmarkanalyse «Focused Reporting» gibt Aufschluss: Die Glaubwürdigkeit von 123 analysierten Nachhaltigkeits- und Geschäftsberichte aus 14 Sektoren zeigt grosse Lücken. Auch gibt es immer noch starken Aufholbedarf beim Setzen von wirkungsorientierten Zielen. Die ersten Plätze belegen die Unternehmen Clariant, LafargeHolcim und Weleda.

Die Förderung einer relevanten und glaubwürdigen Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Schweiz: Das ist das Ziel des von engageability und öbu initiierten Projektes „Focused Reporting - eine Chance für Schweizer Unternehmen“, das 2019 in Partnerschaft mit RepRisk in die fünfte Runde ging. Unterstützt wird das Projekt zudem von 14 Expertinnen und Experten in der Qualitätssicherung. Die Analyse von rund 123 Schweizer Nachhaltigkeits- und integrierten Geschäftsberichten zeigt aktuelle Trends und Praktiken auf. Sie ist die grösste Auswertung dieser Art in der Schweiz. 

Drei Grossunternehmen schwingen vorne auf

Die Analysten haben sowohl die Vollständigkeit der Berichte als auch die Glaubwürdigkeit und die Relevanz der abgebildeten Themen für das Unternehmen, die Industrie und die Schweiz untersucht. Der Grossteil der analysierten Berichte erreicht in der Gesamtwertung eine mittlere Punktzahl, während drei Unternehmen sehr gut abschneiden. 

Zu den TOP 3 Unternehmen gehören Clariant (Spezialchemie), LafargeHolcim (Baustoffe) sowie Weleda (Naturkosmetik). Alle drei Unternehmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie Nachhaltigkeit stark in die Geschäftstätigkeit und -kommunikation integrieren. Clariant und Weleda publizieren einen integrierten Geschäfts- und Nachhaltigkeitsbericht; LafargeHolcim einen separaten Nachhaltigkeitsbericht, jedoch mit integrierter Gewinn- und Verlustrechnung. Dabei stechen sie insbesondere in folgenden Bereichen hervor:

  • Clariant beschreibt die Wesentlichkeitsanalyse und -ergebnisse sehr ausführlich und veröffentlicht Stakeholder Feedback zu allen wesentlichen Themen.
  • LafargeHolcim berichtet über wesentliche Themen der Firma, sowie relevante Themen für die Industrie und die weitere Gesellschaft (outside-in Perspektive). Zudem inkludiert der Bericht smarte und impactorientierte Ziele.
  • Weleda zeichnet sich durch eine klar definierte, integrierte Geschäfts- und Nachhaltigkeitsstrategie aus, die sich im Bericht widerspiegelt. 

GRI und SDGs als beliebteste Rahmenwerke

Schweizer Firmen orientieren sich in der Nachhaltigkeitsberichterstattung immer noch am häufigsten an GRI (Global Reporting Initiative). Während 2017 noch das Rahmenwerk GRI G4 am häufigsten verwendet wurde, orientierten sich dieses Jahr bereits mehr als die Hälfte an den GRI-Standards.    

Auch die UN-Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) haben signifikant an Bedeutung gewonnen. So gehen über die Hälfte der Unternehmen auf die SDGs ein, insbesondere auf die Ziele für menschenwürdige Arbeit (SDG 8), verantwortungsvolle Produktion und Konsum (SDG 12) sowie zum Klimaschutz (SDG 13). 2017 waren dies noch knapp ein Drittel.

Aufholbedarf bei der Glaubwürdigkeit

Was macht einen glaubwürdigen Nachhaltigkeitsbericht aus? Laut der «Focused Reporting»-Methodologie ist ein Bericht dann glaubwürdig, wenn über wesentliche Themen ausgewogen und transparent berichtet wird, SMARTe und wirkungsorientierte Ziele gesetzt werden sowie Feedback von Stakeholdern offengelegt und integriert wird. 

Nur 7% der Unternehmen berichten ausgewogen transparent über ihre wesentlichen Themen (in 2017: 4%). Etwa zwei Drittel der analysierten Unternehmen berichten vorwiegend positiv oder neutral über Nachhaltigkeitsthemen. Das Offenlegen von Herausforderungen sowie kritischen Fällen, zusammen mit deren Ursachen wie auch Konsequenzen ist jedoch empfehlenswert. Ein Beispiel zur Publikation von negativen Fällen ist der Bericht des Rohstoffkonzerns Glencore. Glencore erläuterte in ihrem Bericht, wie sie mit dem öffentlichen Vorwurf von Menschenrechtsverletzungen in der Demokratischen Republik Kongo umgehen.  

Besonders grosser Aufholbedarf besteht im Bereich der Wirkungsorientierung: Nur rund 20% der Unternehmen setzen sich SMARTe (spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch und terminiert) oder wirkungsorientierte Ziele zu den wesentlichsten Themen der Firma. Knapp die Hälfte der Unternehmen setzten sich keine Ziele sondern berichteten nur über bereits erreichte Ziele. Auch in der Stakeholderorientierung besteht grosses Verbesserungspotential: Obgleich bereits mehr als 70 % der Unternehmen laut Bericht Stakeholder Feedback einbeziehen, legen doch erst 16% diese Informationen offen (s. Abbildung).

Ergebnisse glaubwuerdigkeitsanalyse cut

Wesentliche Umweltwirkungen entlang der Lieferkette

Die diesjährige Analyse wurde erneut vom Bundesamt für Umwelt BAFU unterstützt. Am Forum ö erläuterte Susanna Fieber, Projektleiterin Nachhaltiger Konsum & Produktion beim BAFU, wie Unternehmen über wesentliche Umweltbelastungen (Hotspots) entlang der Lieferkette berichten können.  

Die Schweizer Wirtschaft ist hochgradig vernetzt. Umweltbelastungen entstehen deswegen oft durch globale Lieferketten. Unternehmen sollten ihre Systemgrenzen entsprechend setzen und die relevanten Umweltwirkungen in den vorgelagerten Wertschöpfungsstufen prioritär angehen und darüber berichten. Zwar hat jede Branche ihre spezifischen Umwelt-Hotspots, insgesamt zeigt der Umweltatlas jedoch auf, dass die Umweltbelastung von Schweizer Unternehmen vor allem bei den vorgelagerten Wertschöpfungsstufen, und insbesondere oft bei der Rohstoffgewinnung entsteht. 

Firmen, die sich genauer mit ihrer Auswirkung auf die Umwelt und möglichen Lösungsansätzen beschäftigen wollen, finden wertvolle Hinweise und Hilfestellungen im "Umweltatlas Lieferketten Schweiz". 

Und nun?

Am 31. Oktober stellten engageability und BAFU am Forum ö, der Jahreskonferenz von öbu, die Ergebnisse vor und diskutierte mit den teilnehmenden UnternehmensvertreterInnen. Die anonymisierten Ergebnisse sowie Best Practice Beispiele sind auf der Website www.focusedreporting.ch zu finden. 

Sie möchten wissen, ob der Bericht Ihres Unternehmens ebenfalls analysiert wurde und interessieren sich für die Ergebnisse? Unternehmensspezifische Analysen können bei Eva Tabernig via eva.tabernig@engageability.ch angefragt werden.